PAS Studie 2011 Teil 1

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Heinz
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PAS Studie 2011 Teil 1

von Heinz am 24.09.2011 11:52







PAS
Parental Alientation Syndrome


Eine Literaturstudie
mit Fallbeispielen





Anni Lemberger
Verein Vaterverbot

Inhalt
1. Definition nach Gardner 6
1.1. Schweregrade von PAS nach Gardner 7
1.2. Manöver, die angewandt werden, um das Bild des Kindes vom anderen Elternteil zu verändern 9
2. Psychische Gewalt an Kindern 10
2.1. Kindlicher Missbrauch im Rahmen eines Trennungs- oder Scheidungsverfahrens 11
3. Ausdehnung von PAS auf andere Bereiche 13
3.1. Ablehnung der erweiterten Familie 14
4.3.1. Scheidung und die Folgen für die Kinder 20
4.3.1. Der Weg zur Entfremdung (PAS) 20
4.4 Interventionsmöglichkeiten 22
4.4.1. PAS – Symptomatik in Abhängigkeit vom Zugang der entfremdenden Elternteile 22
4.4.2 Therapie bei PAS – Symptomatik 23
4.4.3. Der Faktor Zeit bei der Entfremdung 23
5. Kinder brauchen Vater und Mutter 24
5.1. Kindeswohl 24
5.2. Elternschaft aus der Perspektive der Kinder 24
5.3 Die Folge von Vaterlosigkeit 25
5.4. EntfremderInnen brauchen Grenzen 26
6. Vater / Mutter als Besucher des eigenen Kindes 27
7. Auswege aus dem Dilemma 28
7.1. Das Cochemer Modell 29
7.2. Gemeinsame Obsorge und gleichberechtigte Elternschaft 30
7.3. Doppelresidenz 31
8. Fallbeispiele 32
8.1. Beispiele aus dem Gerichtssaal 32
9. Zusammenfassung 39
10. Literatur ……………………………………………………………………………………………………………………….40






Vorwort




Gib´ den Kindern Wurzeln, damit sie fliegen lernen.....

Ein Kind wird aus den Wurzeln von Vater und Mutter geboren. Zusammen ergeben diese Wurzeln einen festen Wurzelstock, der einem Kind die Möglichkeit zum Wachsen und Gedeihen gibt. Genauso wie ein gut verwurzelter Baum dem Wetter mit allen seinen Stürmen trotzt, kann ein „gut verwurzeltes Kind“ alle Lebenswidrigkeiten überwinden.
Offenbar wissen die zuständigen Jugendämter, Familiengerichte, Kinder- und Jugendberatungsstellen aber nicht, dass beide Wurzeln notwendig sind, um Kindern dieses Wachstum zu ermöglichen, denn Wurzeln wachsen im Verborgenen. Je größer der Baum, umso klarer werden die Schäden sichtbar: Denn Kinder brauchen Wurzeln und PAS zerstört diese.
Die Behörden müssen erkennen:
· PAS ist kein Elternstreit, sondern eine Krankheit des Systems.
· Sie stellt den systematischen, psychischen Missbrauch des Kindes dar.
· PAS ist eine massive Kindeswohlgefährdung und bedarf einer sofortigen Intervention.

Einleitung
Jahrelang war ich der Meinung, dass bei fehlendem Kontakt zwischen Kindern und Vätern nach einer Trennung die Ursache immer beim Vater liegt. Denn ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es möglich ist, den Kindern den Vater „so schlecht zur reden“, dass sie ihn nie wieder sehen wollen. Das glaubte ich bis zu jenem Tag, an dem ich einen Vater kennen lernte, der durch den Verlust seiner Kinder durch die Hölle ging und auch 10 Jahre später keinen Kontakt zu den längst erwachsenen Kindern finden kann. Denn diese Kinder leiden an einer Störung, die Gardner bereits vor 30 Jahren beschrieben hat und die von unseren Behörden immer noch negiert wird: „The Parental Alienation Syndrom (PAS)“. Umgekehrt hinterlassen diese Manipulationen an den Kindern Schäden, die ihre Lebensqualität und die Beziehungsfähigkeit ein Leben lang negativ beeinflussen.

Diese Erfahrung beeinflusste mein weiteres Leben, denn auf der Suche nach „Opfern“ von manipulierenden Müttern, die im Besitz der Kinder und der alleinigen Obsorge waren, lernte ich viele Einzelschicksale kennen. Meistens waren die Opfer Väter und deren entfremdete Kinder. Die Entfremdung der Kinder von einem Elternteil ist nicht typisch weiblich, nur sind es in 98% nach einer strittigen Trennung die Mütter, denen die Rolle des alleine erziehungs- und obsorgeberechtigten Elternteils zuerkannt wird. In derselben Häufigkeit werden Väter zu Besuchern und Zahlvätern degradiert.
Meine anfängliche Annahme, dass mit einer Besuchsrechtsregelung durch ein Familiengericht die Kontakte wieder hergestellt werden könnten, musste ich schnell korrigieren. Der Besuchsboykott von Seiten des erziehenden Elternteils, dem die meisten Gerichte und Jugendämter völlig hilflos gegenüberstanden, reicht vielfach aus, um die Besuchskontakte „als psychologisch sinnvoll“ auszusetzen, weil die Kinder „nicht mehr zum Vater woll(t)en“. Solange das „Nicht Wollen“ der Kinder, die sogenannte „kindliche Wahrheit“ ist, der unbedingt Folge zu leisten ist, ist dem psychischen Missbrauch der Kinder Tor und Tür geöffnet. Die fehlende Intervention der zuständigen Stellen bei einer derart groben Kindeswohlgefährdung kann nur bedeuten, dass PAS und seine zerstörerische Wirkung auf das gesamte weitere Leben dieses jungen Menschen, noch nicht hinreichend bekannt ist.
Um diesen Informationsmangel zu beenden, haben wir in einer Arbeitsgruppe einerseits Forschungsergebnisse zur „Entfremdung von einem Elternteil“, andererseits aber auch die Ergebnisse von Befragungen und Ergebnisse praktischer Beobachtungen entfremdeter Kinder in die Arbeit einfließen lassen.




















Pariental Alientation Syndrom
(PAS)
oder die
Entfremdung von einem Elternteil

1. Definition nach Gardner

Der Kinderpsychiater Gardner definierte PAS 1998 mit folgenden Symptomen.
· Fortgesetzte und unbegründete Zurückweisung und Verunglimpfung eines Elternteils durch das Kind. An gemeinsame schöne Erinnerungen mit dem entfremdeten Elternteil kann sich das Kind nicht mehr erinnern. Das Kind wertet den entfremdeten Elternteil ab, ohne Anzeichen von Verlegenheit und Schuldgefühle zu entwickeln, und beschreibt ihn generell als böse und gefährlich. Wird näher nachgefragt, können die Vorwürfe nicht näher präzisiert werden.
· Absurde Rationalisierungen: Die Kinder entwickeln für ihre feindselige und ablehnende Haltung irrationale und absurde Rechtfertigungen, welche in keinem Zusammenhang mit tatsächlichen Erfahrungen stehen.
· Fehlen einer normalen Ambivalenz: In normalen Beziehungen zwischen Menschen gibt es immer eine Ambivalenz. Jeder Mensch hat Verhaltensweisen, die gut und solche die weniger gut sind. Kinder mit PAS beschreiben einen Elternteil als nur gut und den anderen als nur böse. Diese Schwarz-Weiß Spaltung ist besonders kennzeichnend für PAS.
· Reflexartige Parteinahme für den entfremdenden Elternteil. Innerhalb der Familie wird vom entfremdeten Kind ohne zu zögern und ohne Zweifel, für den betreuenden Elternteil einseitig Partei ergriffen.
· Eine Ausweitung der Feindseligkeit auf die gesamte Familie und das weitere Umfeld des entfremdeten Elternteils. Kontakte zu Großeltern, Freunden und Verwandten des abgelehnten Elternteils, mit denen das Kind bislang eine gute Beziehung unterhalten hatte, werden plötzlich ebenfalls mit absurden Begründungen abgelehnt.
· Das Phänomen des „eigenen Willens“ und der „eigenen Meinung“ werden vom betreuenden Elternteil besonders gefördert. Von PAS betroffene Kinder können teilweise schon mit drei oder vier Jahren darauf hinweisen, dass alles was sie sagen, auch wirklich die eigene Meinung ist.
· Abwesenheit von Schuldgefühlen gegenüber dem entfremdeten Elternteil. PAS – Kinder hegen keine Schuldgefühle oder Mitgefühl. Sie behaupten, dass der abgelehnte Elternteil nicht unter dem Kontaktverlust zu seinem Kind leide. Er sei selbst schuld und es sei gerecht, keinen Kontakt mehr zu ihm zu haben.
· Übernahme „geborgter Szenarien“: PAS Kinder schildern Szenarien und Vorwürfe, welche durch den betreuenden Elternteil vermittelt wurden, die sie aber nicht selbst mit dem anderen Elternteil erlebt haben.

1.1. Schweregrade von PAS nach Gardner

· Leichte Form: Die Symptome sind nicht zwangsläufig alle vorhanden und wenn – in eher mäßiger Ausprägung (siehe Bäuerle, Moll-Strobel, S. 59ff) und der Umgang mit dem zweiten Elternteil funktioniert noch. Es bedarf jedoch schon streng kontrollierter Umgangsregeln eines angeordneten Umgangsrechts des nicht betreuenden Elternteils. Einen Entzug der elterlichen Sorge hält Gardner in diesem Stadium nicht für notwendig.

· Mäßige Form: Dabei kommt es schon zu einer erheblichen Ausprägung der Symptome und bereits zu erheblichen Umgangs- und Übergabe Problemen. Sind die Kinder aber erst einmal beim anderen Elternteil, beruhigen sie sich rasch und genießen die Zeit mit diesem. Dringende gerichtliche Sanktionsmaßnahmen müssen angedroht werden (drohender Obsorgeentzug, Zwangsgeld,...), wenn der entfremdende Elternteil den Besuch vereitelt. Die Durchführung gerichtlicher Maßnahmen entlastet das Kind in einem bestehenden Loyalitätskonflikt, weil es „gehen muss“ und ihm die Entscheidung abgenommen wird.

· Schwere Form: Dabei liegt eine völlige Uneinsichtigkeit des programmierenden Elternteils vor (Gardner 1998, S. 355). Es kommt zu einem endgültigen und radikalen Beziehungsabbruch, wenn nichts unternommen wird. Gardner empfiehlt in diesem Fall eine Sorgerechtsübertragung auf den entfremdeten Elternteil. Die Ergebnisse einer Verlaufsstudie von Gardner mit 99 PAS Kindern bestätigten in eindrücklicher Weise, dass es unbedingt notwendig ist, die Kinder aus dem Einflussbereich des entfremdenden Elternteils herauszubringen, notfalls sogar anfangs in Unterbringung einer Pflegefamilie. Dem manipulierenden Verhalten eines Elternteils ausgesetzt zu bleiben, beeinträchtigt ihre Lebensqualität erheblich und das lebenslang.

1.2. Manöver, die angewandt werden, um das Bild des Kindes vom anderen Elternteil zu verändern

· Manipulierende Eltern verbünden sich mit dem Kind gegen den anderen Elternteil. Entfremdende Eltern glauben, gute Eltern zu sein, wenn sie den Kontakt zum anderen Elternteil nicht unterstützen. Es wird erwartet, dass der ausgegrenzte Elternteil „den Willen des Kindes“ respektiert. Tut er es nicht, wird er als rücksichtslos hingestellt.

· Unsicherheiten im Gerichtsbeschluss werden zu Lasten der anderen Eltern-Kind Beziehung ausgelegt. Manipulierende Eltern bestehen auf eine rigide Regelung von Besuchszeiten. Ersatz für ausgefallene Besuchszeiten wird nicht erlaubt. Die rigiden Regelungen erschweren aber Kind und ausgegrenztem Elternteil den regelmäßigen Umgang miteinander. Schulzeugnisse, ärztliche Befunde, Einladungen zur Erstkommunion, zu Elternabenden, Theateraufführungen u.ä., werden an den entfremdeten Elternteil nicht weitergegeben. Der Mangel an ausreichender Beteiligung des anderen Elternteils entzieht nach und nach die Basis für die Aufrechterhaltung einer befriedigenden Eltern-Kind Beziehung.

· Die Ausweitung der Kontakte geht zu schnell, egal wie langsam sie angebahnt werden. Auffälligkeiten, die Kinder aufgrund der Trennungssituation zeigen, werden vom erziehenden Elternteil dem anderen Elternteil zugeschoben. Es wird argumentiert, dass dem Kind die Besuchskontakte nicht guttun und es wird eine Ausdünnung der Kontakte zum anderen Elternteil gefordert. Übernachtungen und Urlaubswochen werden generell abgelehnt. Durch diese Forderungen wird dem Kind vermittelt: „Der andere Elternteil ist unwichtig“.

· Die Bemühungen des abgelehnten Elternteils, Kontakt zum Kind zu halten durch Anrufe oder Bitten den Besuchskontakt aufrecht zu erhalten, werden dem Kind als Störung im neuen Familienleben und als unerwünscht vermittelt. Der andere Elternteil wird zum „Unruhestifter und Störenfried“.

2. Psychische Gewalt an Kindern

„Psychische Gewalt ist, ...
· wenn Kindern mutwillige Angst gemacht wird.
· wenn Kinder eingeschüchtert, ausgegrenzt, isoliert werden.
· wenn Kinder verspottet werden oder der Verspottung preisgegeben werden.
· wenn Kinder missachtet und entwertet werden.
· wenn Kinder kleingemacht, kleingehalten und abgewertet werden.
· wenn Kinder gezielt entmutigt werden.
· wenn Kinder mit Druck und Unterdrückung erzogen werden.
· wenn Kindern gesagt wird, dass sie unerwünscht sind.
· wenn Kinder als Spielball der Interessen des jeweiligen Elternteils, zum Beispiel im Zuge einer Scheidung, missbraucht werden.
Psychische Gewalt ist außerdem....
· immer dort, wo Angst als Erziehungsmittel eingesetzt wird.
· nicht nur Vernachlässigung, es kann auch ein Übermaß an Liebe sein.“ (Andersson S. 13ff)
Die Berichterstattung in den Medien über die körperliche Gewalt und den sexuellen Missbrauch von Kindern nimmt mittlerweile einen breiten Raum ein, die Menschen sind sensibilisiert. Hingegen ist die Wahrnehmung über die Auswirkungen der psychischen Gewalt an Kindern nur eine Randerscheinung in unserer Gesellschaft. Psychische Gewalt wird leise und versteckt ausgeübt und kaum wahrgenommen. Die Auswirkungen dieser Gewalt lassen sich an der steigenden Zahl von psychischen Erkrankungen, bereits im Kindesalter, messen. Die Reaktion der Gesellschaft ist der Ruf nach Schulsozialarbeitern, nach Streetworkern und Schulpsychologen, die sich der „aggressiven“ jungen Menschen annehmen sollen.
Als typische Symptome für misshandelte Kinder sind emotionale Störungen, wie anhaltende Traurigkeit, Ängstlichkeit, Stimmungslabilität und mangelndes Selbstvertrauen. Die Kinder sind entweder auffallend ruhig und zurückgezogen oder werden in die Kategorie „Problemkinder“ eingeordnet, mit großer Aggressivität, Rücksichtslosigkeit, Distanzlosigkeit und der Unfähigkeit Erwachsene als Autoritäten anzuerkennen.
Auch die Entfremdung von einem Elternteil ist eine Form der psychischen Gewalt an Kindern. Die Drohung der Mutter (in 2% der Fälle des Vaters), den Kindern die Liebe und die Fürsorge zu entziehen, wenn es den anderen Elternteil liebt oder ihn besucht.
2.1. Kindlicher Missbrauch im Rahmen eines Trennungs- oder Scheidungsverfahrens

Wera Fischer bezeichnet den Verlust eines Elternteils nach Trennung oder Scheidung als den „tragischsten Effekt“, den eine Trennung für ein Kind haben kann.
Elterntrennung bedeutet für das Kind, einen Vater und eine Mutter zu haben, die sich nicht mehr lieben. Dadurch geraten die meisten Kinder in einen Loyalitätskonflikt, weil sie nicht wissen, ob sie weiterhin beide Eltern gleich lieben dürfen. Kinder sind deshalb auf die Hilfe der Eltern angewiesen. Sie wirklich zu lieben heißt, ihnen in der Trennungssituation ausdrücklich die Erlaubnis zu geben, den anderen Elternteil auch weiterhin gleich lieben zu dürfen. Die Eltern müssen jetzt den Kindern vermitteln, dass die Liebe und Zuwendung gegenüber dem Kind eine andere ist, als dem anderen Elternteil gegenüber.
Wird der kindliche Loyalitätskonflikt von einem Elternteil jetzt missbraucht (bewusst oder unbewusst), um das Kind zu beeinflussen, dass es den anderen Elternteil ablehnt, entsteht PAS. Obwohl vorher eine normale Beziehung bestanden hat, beginnt das Kind den anderen Elternteil abzulehnen. Der erziehende Elternteil manipuliert das Kind aus Angst, es an den anderen zu verlieren. Es wird nicht mehr wahrgenommen, dass das Kind den anderen Elternteil für seine psychische Gesundheit braucht. Das Kind wird manipuliert und psychisch missbraucht den anderen Elternteil genauso zu hassen, wie der erziehende Elternteil ihn hasst. Die Manipulation geht zwar von einem Elternteil aus, das manipulierte Kind erfährt dabei, dass es unloyal gegenüber dem manipulierenden Elternteil ist, wenn es zum „Besuchselternteil“ hingeht und einen schönen Nachmittag mit ihm verbringt, es ist unloyal wenn es den anderen liebt.
Die Manipulation hat zum Ziel, das Bild des Kindes gegenüber dem anderen so zu verändern, dass er zur „Unperson“ wird. Entfremdende Mütter und Väter erwarten, dass das Kind die eigenen Empfindungen gegenüber dem anderen teilt. Das Kind nimmt diese Erwartung wahr und glaubt, nur dann weiterhin von Mutter oder Vater geliebt und versorgt zu werden, wenn es fühlt und handelt wie dieser Elternteil. Die eigenen kindlichen Bedürfnisse werden verleugnet. Auch wenn das Kind die Bedürfnisse nicht mehr äußert, heißt es nicht, dass es die Bedürfnisse nicht mehr hat. Dem Kind wurde lediglich die Freiheit genommen, den anderen Elternteil zu lieben. Es wurde missbraucht, die Gefühle des indoktrinierenden Elternteils zu leben, um „überleben“ zu können.
Um die Loyalität gegenüber dem entfremdenden Elternteil zu betonen, nimmt die Ablehnung des anderen eine Eigendynamik an: Die Manipulation geht zwar von einem Elternteil aus, die Kinder zeigen aber die Ablehnung durch eigene Handlungen – sie zerreißen z. Bsp. die Post vom anderen Elternteil oder weigern sich das Päckchen zu öffnen und bestehen auf den Rückversand.
PAS basiert aus der Verbindung einer programmierten elterlichen Indoktrination (Gehirnwäsche) und der daraus resultierenden kindlichen Verteufelung des abwesenden Elternteils. Es setzt voraus, dass ein Elternteil die alleinige Betreuung zugesprochen bekommt, während der andere Elternteil den kindlichen (familiären) Bereich verlässt. Wird diesem vom betreuenden Elternteil voran getriebenen Prozess nicht durch gezielte und wirksame Maßnahmen gegen gesteuert, kommt es schnell einem Abbruch der Beziehungen zum entfremdeten Elternteil. Es geht auch nicht darum, was der entfremdende Elternteil macht, sondern wie erfolgreich er bei der Entfremdung ist. Bei dieser Arbeit wird in erster Linie auf die Bedeutung der Kind – Vater Beziehung hingewiesen, weil 90% der entfremdenden Elternteile Frauen sind und somit Väter und Kinder in einem wesentlich höheren Ausmaß vom PAS betroffen sind. PAS hat immer zwei Opfer: Zum einen das betroffene Kind, aber auch, zum anderen, den oft vergessenen entfremdeten Elternteil.
Nach wie vor ist kaum bekannt, dass PAS eine pathologische Störung ist, die vor allem auch den entfremdenden Elternteil betrifft. Eine Intervention, die sich nur auf das Kind bezieht, ist deshalb keineswegs ausreichend und führt auch nicht zum Ziel.
Selbst wenn erkannt wird, dass ein Kind an PAS leidet, so stehen meist nur das Kind und der entfremdende Elternteil im Mittelpunkt und im Interesse der Forschung von Therapeuten und Richtern. Der von der Entfremdung betroffene Elternteil findet bis heute, trotz seiner katastrophalen Lage, nur selten Anerkennung, Unterstützung und Hilfe, die er dringend benötigen würde. Viele dieser zur Seite geschobenen (left be–behind) Eltern (meist sind Väter betroffen) leiden unter schweren psychischen Traumata, die vielfach zu einer Berufsunfähigkeit führen und/oder letztendlich zum finanziellen Ruin des Vaters führen.

Obwohl das elterliche Entfremdungssyndrom in Amerika längst anerkannt ist, können bei uns aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen, die Interventionsmaßnahmen nicht umgesetzt werden. So wird als Intervention zum einen eine „court-ordered Family“ Therapie angeraten, zum anderen ist die Kindesabnahme aus dem Machtbereich der entfremdenden Person (Betreuungsperson) eine notwendige schützende Maßnahme für das Kind, was bei der derzeitigen gesetzlichen Situation einen schweren und unzulässigen Eingriff in das „Recht auf Familie“ bedeuten würde.

Es wurde deshalb ein für Österreich typischer Weg gewählt: Aufgrund der angeblich fehlenden Einflussmöglichkeiten bei Gutachten der Jugendwohlfahrten und Gerichte, erlangte „PAS“ als Kindeswohlgefährdung bisher keine oder zumindest kaum Anerkennung. Im Gegenteil, es wurde und wird der entfremdende Elternteil als der für das Kind wichtigere unterstützt und der ausgegrenzte, abgelehnte Elternteil wird mit Unterstützung der Behörden aus dem Leben des Kindes entfernt, „damit es zur Ruhe kommt“. Wilfrid von Boch-Galhau weist mit deutlichen Worten hin: „Das Parental Alienation Syndrome ist nicht Umgangsvereitelung oder jedwede Art der Kommunikationsverweigerung eines Kindes gegenüber dem außerhalb lebenden Elternteil bei Trennung/Scheidung – wie viele meinen -, sondern eine psychiatrisch relevante kindliche Störung.“ Er vergleicht die Psychodynamik mit Sektensystemen. Die Erzeugung von PAS bezeichnet er als „psychischer/emotionaler bzw. narzistischer Kindesmissbrauch“. Nach den Diagnosekriterien ICD 10 (1995) wird psychischer Missbrauch unter der Diagnoseziffer T 74.3. geführt.
3. Ausdehnung von PAS auf andere Bereiche

PAS beschränkt sich nicht nur auf das System der einstigen Familie, sondern nimmt auch Einfluss auf das gesamte Umfeld des entfremdeten, ausgegrenztem Elternteil und seinem Kind.
3.1. Ablehnung der erweiterten Familie

Manipulierende Eltern sind davon überzeugt, dass es im Sinne des Kindes ist, ohne den anderen Elternteil aufzuwachsen. Von der Ablehnung betroffen ist nicht nur der ausgegrenzte Elternteil, sondern auch sein Umfeld. Die Beziehung zum Freundeskreis oder zur Familie des abgelehnten Elternteils wird genauso schädlich eingestuft, wie der Kontakt zu ihm selbst. Auch hier haben meist vorher liebevolle Beziehungen bestanden, z. B. zu den Großeltern des ausgegrenzten Elternteils.

3.2 Manipulation von Fachleuten

Weil manipulierende Eltern kein Interesse haben, dass das Kind Kontakt zum anderen Elternteil hat, sind sie auch nicht bereit an einer Problemlösung mitzuarbeiten. Zu ihrer Strategie gehört es auch, Fachleute für sich zu gewinnen. Sie sollen die eigene Einschätzung (Vgl. Wera Fischer) zum abgelehnten Elternteils teilen. Manipulierende Eltern versuchen auch auf die Vorgehensweise von GutachterInnen, SozialarbeiterInnen und Gerichten Einfluss zu nehmen. Gemeinsame Elterngespräche werden abgelehnt und somit können Fachleute die Interaktion der zerstrittenen Eltern nicht beobachten, wichtige Informationen gehen verloren. Häufig gelingt die Manipulation von Fachleuten auch dahingehend, dass diese nicht beobachten können, wie der abgelehnte Elternteil mit dem Kind interagiert. Entweder sind die Kinder bereits soweit indoktriniert, dass sie sich weigern, diesen Elternteil überhaupt zu treffen oder der entfremdende Elternteil überzeugt die Fachleute, dass es besser ist, wenn sich das Kind und der ausgegrenzte Elternteil nicht treffen.
Aber auch Schule, Kindergarten, Lehrstelle werden vom manipulierenden Elternteil instrumentalisiert. Dem ausgegrenzten Elternteil sollen auch alle Informationen über das Kind vorenthalten werden. Die alleinige Obsorge unterstützt diese Vorgehensweise ebenfalls, weil rechtlich LehrerInnen und KindergärtnerInnen sogar daran gehindert werden, dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil Auskünfte zu erteilen.
4 PAS als Erkrankung eines Systems

Bei der Entwicklung eines PA Syndroms spielt immer Angst eine Rolle. Der betreuende Elternteil hat Angst, die Liebe eines Kindes an den anderen zu verlieren. Und solange der abwesende Elternteil per Gesetz zum (seltenen) Besucher seiner Kinder degradiert wird, ist diese Angst nicht unberechtigt. Dann darf der außerhalb der Wohnung lebende Elternteil keine Erziehungsverantwortung übernehmen, weil er durch die fehlende Obsorge keinerlei Information über Schulleistungen, Gesundheitszustand des Kindes o.ä. erhält, kann nicht erzieherisch eingreifen. Er bleibt somit der „liebe Besuch“, der mit dem Kind jedes zweite Wochenende nur spielerisch tätig werden kann. Während der erziehungsberechtigte Elternteil u.a. die schulischen Leistungen des Kindes konsequent zu verfolgen hat und deshalb nicht „immer lieb“ sein kann, kommt der abwesende Elternteil 14-tägig zu einem „Freizeitevent“ vorbei. In 98% der Fälle ist der erziehende Elternteil die Mutter und nur in 2% ist es der Vater, bei dem das Kind lebt.
Um dem abwesenden Elternteil die Exklusivität seines Umgangs zu nehmen, manipuliert der betreuende Elternteil das Kind dahingehend, dass es völlig auf ihn angewiesen ist. Es wird nicht mehr wahrgenommen, dass das Kind für die psychische Gesundheit auch den anderen Elternteil braucht. Die Mittel der Manipulation durch den erziehenden Elternteil ist, die eigene Beziehung zum Kind zu stärken, bei gleichzeitiger Abwertung des abwesenden Elternteils. Dadurch wird dem Kind vermittelt, dass der andere verantwortungslos ist, dass er jemand ist, der für das Kind nicht gut sorgen kann und somit auch nicht gut für es ist. Erzählt das Kind über die tollen Erlebnisse beim Besuch mit dem anderen, wertet der erziehende Elternteil diese Erlebnisse als trivial, unbedeutend oder gar gefährlich ab. Auf diese Weise erfährt das Kind, dass die gute Zeit mit dem abwesenden Elternteil unloyal oder gar gefährlich ist.
4. 1. Der Manipulierende Elternteil

Die Manipulation von Kindern ist nicht typisch weiblich. Dass der überwiegende Teil von manipulierenden Eltern aber Frauen sind, liegt daran, dass es vorwiegend Frauen sind, bei denen sich die Kinder permanent aufhalten und denen im Streitfall die Obsorge übertragen wird.
Der manipulierende Elternteil kann sich seines Verhaltens vollkommen bewusst, teilweise bewusst, aber auch völlig unbewusst sein. Eltern deren Manipulation eine milde bis mittelschwere Ausprägung von PAS zur Folge hat, können durch therapeutischen Einfluss soweit zur Einsicht kommen, dass sie zum Wohle des Kindes eine Verhaltensänderung herbeiführen und den abwesenden Elternteil wieder mit in die Erziehungsverantwortung einbeziehen können. Eine Verhaltensänderung des manipulierenden Elternteils ohne Außeneinfluss ist aber sehr selten und deshalb bedarf es sehr aufmerksamer ProfessionistInnen, die rechtzeitig eingreifen, um weitere Schäden vom entfremdenden Elternteil am Kind abzuwenden.
Manipulierende Eltern, deren Kinder an schwerer Ausprägung eines PA Syndroms leiden, verfügen über wenige Möglichkeiten zur Selbstreflexion. Sie sind unfähig ihre eigenen Einschränkungen zu erkennen, sie sind im Glauben, das Beste für ihr Kind zu tun, indem sie es vor dem anderen schützen und fern halten. Die einzige Möglichkeit, Kinder vor schweren psychischen Einschränkungen und schweren Persönlichkeitsstörungen zu schützen ist, die Entfernung aus dem Einflussbereich des entfremdenden Elternteils und die Übersiedlung in den Haushalt des entfremdeten Elternteils. Dazu sind die aus dem Wechsel des Kindes in den Haushalt des anderen Elternteils kurzfristigen Belastungen in Relation zu setzen mit den langfristigen Folgen, die aus einem völligen Verlust des anderen Elternteils entstehen. Einen Wechsel von einem Elternteil zum anderen können Kinder in der Regel gut verkraften. Dem jahrelangen massiven manipulativen Verhalten eines Elternteils ausgesetzt zu bleiben, beeinträchtigt die Lebensqualität erheblich und vor allem lebenslang. Bei der schweren Indoktrinierung sind entfremdende Eltern meist fanatisch und paranoid. Sie sehen im Ex-Partner ein „gefährliches Monster“, vor welchem sie ihr Kind mit allen Mittel schützen müssen. Nach Gardner (1998) sind EntfremderInnen der schweren Kategorie weder mit Logik, noch mit Konfrontation zu erreichen, da sie in ihren absurden Vorstellungen und Wahrnehmungen gefangen sind. Ihre Entfremdungsstrategien sind offenkundig und ausschließlich von der Motivation geprägt zwischen Zielelternteil und Kind jeden Kontakt zu unterbinden. Fatalerweise wird diesen aggressiven Entfremde/innen auch noch von Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, Gerichten und Kinderbetreuungseinrichtungen geglaubt und sie damit in ihrer Haltung auch noch gestärkt und belohnt. Anstatt Kinder vor diesem psychischen Missbrauch zu schützen, wird von den kindlichen Interessensvertretungen dem beschützenden, entfremdeten Elternteil durch gesetzliche Weisungen der Zugang noch erschwert, wenn nicht überhaupt verwehrt.
Die Paarbeziehung des entfremdenden Elternteils (aus der auch das PAS Kind hervorging), sowie auch frühere Beziehungen sind meist geprägt von Unzufriedenheit, häufigen Trennungen, Versöhnungen und aggressiven Verhaltensweisen. Oftmals kommt es zu einer Idealisierung des Partners, die Zeugung des Kindes erfolgt vielfach zu einem Zeitpunkt, an dem die Beziehung am Ende ist. Durch die vormalige Idealisierung schlagen die Gefühle in Wut und Enttäuschung um, die Schuld am Scheitern der Beziehung wird alleine dem Partner zugeschoben. Eine selbstkritische Reflexion des eigenen Agierens ist den EntfremderInnen nicht möglich. Der Ex-Partner wird zum „Sündenbock“ und Ursache für die eigenen Charakterschwächen. Während der Paarbeziehung kommt es von Seiten des entfremdenden Elternteils häufig zu Gewaltausbrüchen gegenüber dem entfremdeten Elternteils. Z. Bsp. wehren sich Männer selten gegenüber gewaltsamen Übergriffen durch die Partnerin, weil sie Angst haben, durch die Gesellschaft als gewalttätig stigmatisiert zu werden. Auch abwertende Kommentare über den Partner in Gegenwart des Kindes führen u. U. bereits in der aufrechten Partnerschaft zum Verlust der Identifikationsfigur eines Elternteils. Spätere EntfremderInnen können sich auch dadurch auszeichnen, dass sie sich nach der Geburt eines Kindes vom Partner zurückziehen, ihn nur mehr als Helfer und Versorger „benötigen“ und das Kind als „Partnerersatz“ missbrauchen.
Ein weiteres Zeichen für das Vorliegen eines entfremdenden Verhaltens kann sein, dass sich die Mutter mit der Betreuung des Kindes überfordert fühlt und vom Partner mehr Zeit einfordert, was zu massiven Kontroversen in der Partnerschaft führt.
In der Herkunftsfamilie der EntfremderInnen hat häufig in der Vergangenheit eine symbiotische Beziehung zwischen Mutter und Tochter bestanden. In der Herkunftsfamilie entfremdender Väter zeigt die Vergangenheit häufig eine sehr enge Mutter – Sohn Beziehung, in der Söhne als Partnerersatz behandelt wurden, weil der Vater nicht, oder nur sehr schwach vorhanden war.
4.2. Der entfremdete Elternteil (oder das vergessene Opfer)

Die Entfremdung von einem Elternteil hat zwei Opfer: Zum einen das betroffene Kind, zum andere den entfremdeten Elternteil.
Wird von einer Entfremdung gesprochen, wird meist das zweite Opfer vergessen: der entfremdete Elternteil. Die fehlende Anerkennung gegenüber dem zweiten Opfer wird gut mit der Aussage einer Familienrichterin getroffen (nachdem sie zum dritten Mal den Besuchsantrag des Vaters abgelehnt hat): Ich setze die Kinder nicht dem Konflikt der Eltern aus, ein Erwachsener (der die Kinder nicht mehr sehen kann) hat das zu verkraften!“
Vielfach findet man die entfremdeten Eltern in den Praxen von Psychotherapeuten oder Psychiatrien wieder, weil sie den Verlust ihrer Kinder eben nicht verkraftet haben. In den meisten Fällen sind es Väter, die zu Opfern werden, da es wesentlich häufiger Mütter sind, die entfremden (Vgl. Gardner 1998). Die Häufigkeit der mütterlichen Entfremdung liegt in unserem Gesellschaftssystem darin begründet, weil ihnen wesentlich öfter die Möglichkeit dazu gegeben wird.
Den entfremdeten Vater trifft diese kindliche Ablehnung unvermutet. Während er in der ersten Zeit nach der Trennung noch einen liebevollen Umgang mit den Kindern pflegte, stellen diese sich von einem Tag auf den anderen gegen ihn und verweigern jeglichen Kontakt zu ihm. PAS hat auch für den Vater sehr negative Auswirkungen. Viele Männer verharren in einem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit. Jahre später leben sie noch in tiefer Trauer. Der Umgang mit dieser Trauer ist völlig unterschiedlich: Manche flüchten sich in die Arbeit (Workaholic), andere hören auf die Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen und geraten sozial an den Rand der Gesellschaft. Wieder andere werden schwer krank und sind nicht mehr in der Lage, ihren Lebensunterhalt weiter zu bestreiten.
Finden sie sich mit dem fehlenden Kontakt ab, leiden sie ein Leben lang. Kämpfen sie mit allen Mitteln, sehen sie sich den massiven Beschimpfungen der Kindesmutter (oder auch der Kinder) ausgesetzt und gehen einen endlosen Weg der Gerichtsprozesse. Oftmals werden dabei von GutachterInnen „Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert“ und Väter werden von Gerichten kriminalisiert. Einst liebevollen Vätern ist es plötzlich untersagt, sich alleine dem Kind zu nähern. Sie sehen sich fälschlicherweise der Anschuldigung des sexuellen Missbrauchs gegenüber. Der sexuelle Missbrauch an den eigenen Kindern, ein sehr sensibles Thema in unserer Zeit, „entsorgt“ den einst liebevollen Vater sehr schnell aus seiner Vaterrolle. Bei dieser Anschuldigung steht nicht einmal mehr der fehlende Kontakt zu den Kindern im Vordergrund, es kommt auch noch zu einer Minderung des gesellschaftlichen Status.
Eine entfremdete Mutter hat es - gesellschaftlich gesehen - noch schwerer als entfremdete Väter, weil es nicht nachvollziehbar ist, wenn es zu einem Kontaktabbruch zwischen Mutter und Kind kommt. Ein Großteil der Menschen werden ihr den Vorwurf der „Rabenmutter“ zu Teil werden lassen.
Bereits der Verlust des Zusammenlebens mit dem Kind bedroht die Identität der Eltern, vor allem dann, wenn eine regelmäßige Umgangsgestaltung nicht gelingt. Vollständige Umgangsverweigerung und Ablehnungshaltung bedeuten darüber hinaus eine existentielle Krise, Selbstwertgefühl und Selbstachtung brechen ein, Erkrankungen (psychischer und physischer Natur) drohen.
Durch die zunehmende Zahl an Scheidungen und der daraus entstehenden Umgangsverweigerungen mit schlimmen Folgen für Eltern und Kindern, ist es eine absolute Notwendigkeit die langfristigen Folgen der Umgangsverweigerung im Focus zu behalten.
PAS betrifft nicht nur die Kinder, sondern im Besonderen auch die entfremdeten Eltern, die ebenfalls Hilfe und Verständnis brauchen. Wichtig sind aber entsprechende Hilfsangebote, die präventiv eingesetzt werden, um PAS bzw. eine völlige Umgangsverweigerung überhaupt zu vermeiden.
4.3. Kinder als Opfer von Scheidung und Trennung
4.3.1. Scheidung und die Folgen für die Kinder

Scheidung bedeutet für jedes Kind eine Veränderung der bisherigen Lebenssituation und eine völlige Neuorientierung. Nach der Scheidung bleibt meist ein Elternteil mit den Kindern allein und muss ohne Hilfe des Partners auskommen. Alleine dieser Umstand bedeutet für ein Kind bereits einen massiven Eingriff in sein bisheriges Weltbild. Verantwortungsvolle Eltern versuchen zumindest, den Kindern den unvermeidbaren Trennungsschmerz so gering wie möglich zu halten.
Im grenzenlosen Schmerz der Trennung übersehen viele Paare die Bedürfnisse der Kinder. Im Gegenteil, sie missbrauchen sie oftmals auch noch als Waffe gegen den Ex-Partner. Viele Sorgeberechtigte setzen ihre Kinder gegenüber dem Nichtsorgeberechtigten unter Druck, indem sie ihre eigene Zuneigung und Zuwendung zum Kind von seiner Haltung zum anderen Elternteil abhängig machen (Vgl. Humberg S.15 ff). Dabei lassen sie keine Gelegenheit aus, den ehemaligen Partner schlecht zu machen. Nicht selten wird die Erwartung an das Kind gestellt, sich als loyaler Verbündeter zu verhalten, und so wird mitunter der Kontakt zu dem anderen Elternteil verboten oder mit Missachtung gestraft. Hatten die Kinder eine schöne Zeit mit dem „Besuchselternteil“ so lernen diese schnell, über die Erlebnisse zu schweigen, um das Vertrauen des sorgeberechtigten Elternteils nicht zu verlieren. Oft berichten die Kinder aus Angst vor Sanktionen etwas Negatives vom „Besuchstag“, um so weiter den Sorgeberechtigten als Verbündeten zu behalten. Dieser negativen Geschichte folgt der Antrag auf Aussetzung des Besuchskontaktes, dem meist Jugendwohlfahrt, Gericht und Gutachter zustimmen. Der Weg zur Entfremdung ist offen.
4.3.1. Der Weg zur Entfremdung (PAS)

Übersetzt heißt PAS auch „Eltern – Feindbild Syndrom“,, das durch Manipulation oder Programmierung durch einen oder auch beide Elternteile erzeugt wird. Beim PAS setzt der entfremdende Elternteil unter Missbrauch seiner meist uneingeschränkten Einfluss- und Verfügungsmacht – bewusst oder unbewusst – das Kind einer gezielten Beeinflussung aus. Gardner bezeichnete diese Manipulation als „Brainwashing“.
Als Folge der Manipulation kommt es zu einer Umgangsverweigerung beim Kind. Die Umgangsverweigerung führt dazu (Behrend S. 55ff), dass der abgelehnte Elternteil und die zu ihm gehörenden Teile der Verwandtschaft plötzlich aus dem Leben des Kindes ausgeblendet werden. Da das Kind den Umgang aktiv ablehnt, kann es positive Gefühle und Erinnerungen an den abgelehnten Elternteil ebenso wenig zulassen, wie es den plötzlichen Verlust betrauern kann. Bereits Untersuchungen aus den 80er Jahren zeigen, dass die meisten Trennungskinder auch langfristig unter psychischen Belastungen leiden und sich erheblich beeinträchtigt fühlen. Camps beschreibt 2003, dass Kinder in „hochkonflikthaften Trennungsfamilien“ deshalb besonders belastet sind, weil es zu einer steten „Aushöhlung der Identitätsentwicklung“ kommt. Die Identität und das Selbstkonzept, welche sich normalerweise durch die Identifikation mit beiden Eltern entwickeln, werden durch die Ablehnung und Ausgrenzung eines Elternteils eingeschränkt und unterbunden. Der betreuende Elternteil ist „in Personalunion sowohl Schädiger – über die Manipulation - wie auch familialer Hort von Geborgenheit für das Kind“ (Behrend S.55). Es kommt damit zu einer ständigen Traumatisierung des Kindes, weil die Situation paradox und krankmachend ist. Das Kind reagiert mit Verhaltensauffälligkeiten, bis hin zu Störungen des Affekts, des Antriebs, der Aufmerksamkeit, der Impulskontrolle und des Sozialverhaltens. Festgestellt wurden diese Störungen an einer klinischen Stichprobe von Kindern mit schwerer Umgangsverweigerung.
Baker (2007) befragte 38 Erwachsene, die sich als Opfer einer Eltern–Kind Entfremdung betrachteten nach den langfristigen Auswirkungen. Die Interviewpartner beschrieben ihre Auswirkungen auf Persönlichkeitsentwicklung und Lebensgestaltung folgendermaßen: Niedriges Selbstwertgefühl, Mangel an Vertrauen in andere, Depression, Drogen- und Alkoholmissbrauch, Entfremdung von den eigenen Kindern und eine erhöhte Scheidungsrate.
Während die entfremdeten Kinder zunächst keinen subjektiven Leidensdruck haben, leiden die abgelehnten Eltern extrem.
Der fehlende subjektive Leidensdruck der Kinder führt aber auch zu fehlenden Interventionsmaßnahmen der zuständigen Behörden. Die langfristigen Auswirkungen im Erwachsenenalter werden „vergessen“, weil sie andere Stellen betreffen.
4.4 Interventionsmöglichkeiten
4.4.1. PAS – Symptomatik in Abhängigkeit vom Zugang der entfremdenden Elternteile

Gardner konnte in seiner 2001 veröffentlichen Langzeitstudie nachweisen, dass es bei allen Kindern zu einer Verbesserung der PAS Symptomatik gekommen ist, bei denen eine Sorgerechtsveränderung oder eine Kontakteinschränkung mit dem entfremdenden Elternteil gerichtlich angeordnet wurde.






Tabelle 1:


Besserung oder Verschwinden der Symptome Keine Besserung oder Verschwinden der PAS Symptome N
Sorgerechtsänderung
oder Kontakteinschränkung mit dem Entfremder 22 0 22
Sorgerecht nicht geändert, Kontakt mit dem Entfremder nicht eingeschränkt 7 70 77
N 29 70 99


Nach wie vor wird PAS bei uns in Österreich weitgehend ignoriert, auch wenn die zuständigen Behörden sich bei ihren Entscheidungen nur auf das „Kindeswohl „ berufen.

4.4.2 Therapie bei PAS – Symptomatik

Therapeuten, die mit an PAS erkrankten Kindern arbeiten, müssen zuerst eine gesündere Beziehung zum entfremdeten Elternteil aufbauen (Vgl. Gardner S 35ff). Den entfremdeten Kindern muss erst die Einsicht in jene Faktoren vermittelt werden, die zu ihrer Entfremdung geführt haben. Erst danach kann eine Annährung an den ausgegrenzten Elternteil versucht werden. Leider gelingt bereits die Annährung an den entfremdeten Elternteil sehr schwer.
Die einzige effektive Interventionsmöglichkeit ist ein frühzeitiges Eingreifen der entsprechenden Stellen, wie Jugendwohlfahrt und Gericht, bei den ersten Anzeichen einer Entfremdungstendenz. Die Befragung von entfremdeten Kindern, ob sie denn (meist) ihren Papa oder (in seltenen Fällen) ihre Mama besuchen wollen, wird mit „fadenscheinigen“ Argumenten abgelehnt. Wer indoktrinierte und schwer manipulierte Kinder nach ihren Willen befragt, hat nicht verstanden, was Kindeswohl ist. Diese schwer (psychisch) missbrauchten und traumatisierten Kinder werden nur mehr den Willen des entfremdenden Elternteils kundtun, ohne ihre eigenen Bedürfnisse zu formulieren.
Kinder mit mittelschwerer bis schwerer Ausprägung ihrer PAS Symptomatik haben auch im Erwachsenenalter selten die Möglichkeit, zu ihren Wurzeln zurück zu kehren. Wenn Menschen keine sicheren emotionalen Beziehungen entwickeln können, bleibt ihre Persönlichkeit eine „Kümmerversion dessen, was daraus hätte werden können“ (Gebauer S. 216).
4.4.3. Der Faktor Zeit bei der Entfremdung

Je kleiner ein Kind ist, desto wichtiger ist, nach Trennung und Scheidung der Eltern, keine lange Zeit verstreichen zu lassen, damit das Kind nicht von demjenigen Elternteil, der aus der Paarbeziehung gegangen ist, entfremdet werden kann. Auch wenn 90% der Verantwortung bei den Eltern selbst liegt, so tragen die Behörden mit ihrem Verhalten aber maßgeblich mit Schuld, dass die Entfremdung nicht gestoppt wird. Je länger die Indoktrination andauert, umso wirksamer ist sie und umso mehr wird dieses Kind, auch als erwachsener Mensch, auf Lebenszeit zerstört. In vielen Gutachten der Jugendämter ist immer noch zu lesen: „….das Kind sollte erstmals zur Ruhe kommen…“ und deshalb wird eine Aussetzung des Umgangsrechtes empfohlen. Diese Zeit kann der entfremdende Elternteil zu seinen Gunsten nutzen. Die Tragödie nimmt ihren Lauf.

5. Kinder brauchen Vater und Mutter
5.1. Kindeswohl

Selten wurde ein Begriff so missbräuchlich verwendet, wie der des „Kindeswohls“. Im Namen des Kindeswohls (vgl. Zsok S. 192 ff) werden Kinder durch Jugendämter aus der Familie gerissen und Pflegeeltern übergeben oder vielen offensichtlich boykottierenden Müttern das alleinige Sorgerecht zugeteilt, genauso wie manchen Väter geholfen wird, die Mütter zu entsorgen.
Das fehlende Bewusstsein der entscheidenden Behörden aber, dass zum Kindeswohl in erster Linie das Erhalten der Bindung an beide Eltern dazugehört, führt letztendlich dazu, dass gerade die „Anwälte“ der Kinder mithelfen, diese zu zerstören. Kinder gehören niemanden, sie sind „hohe Gäste des Himmels“, die von den Eltern nur ein Stück des Weges begleitet werden, um sie dann wieder in die Selbstständigkeit zu entlassen. Und nur wer Wurzeln hat (Bindung an beide Eltern), kann fliegen lernen (selbstständig werden).
5.2. Elternschaft aus der Perspektive der Kinder
Eltern bedeuten für Kinder eine emotionale-physische Einheit, sie sind mehr als die Summe von Vater und Mutter.
Auch wenn sich die Rollendefinition und die Aufgabenbereiche in neuerer Zeit geändert haben, besteht durch die vorgeburtliche Zeit eine vorerst engere Kommunikation zwischen Mutter und Kind, als sie in der Vater-Kind Beziehung besteht. Die frühkindliche Forschung hat sich deshalb erst vor wenigen Jahren auf die Bedeutung der väterlichen Rolle in der Entwicklung des Kindes konzentriert. Die Forschung ging bis vor kurzem von der Annahme aus, dass der Verlust des Vaters für ein Kind weniger schwer wiegt, solange eine ausreichende Mutterpräsenz gegeben ist. Die finanzielle Sicherung und die Vertretung der Familie nach außen wurden bis vor wenigen Jahren als Funktion des Vaters gesehen. Seit den 60er Jahren findet die Vater-Kind-Bindung in der Forschung Beachtung.
Ein Junge braucht einen Mann, um selbst Mann werden zu können, ein Mädchen lernt nur bei der Mutter, wie Frau-sein geht. Der Junge sieht bei der Mutter, wie es ist, eine Frau zu sein, das Mädchen lernt durch den Papa: So ist ein Mann. Eine sichere Geschlechtsidentität ist ohne Vater und Mutter schwer zu finden.
Während die Mutter–Kind-Beziehung in der Entwicklungspsychologie schon lange Thema ist, gibt es die Vaterforschung seit etwa 3 Jahrzehnten. Die psychoanalytische Entwicklungspsychologie hat festgestellt, dass der Vater als Dritter im Bunde für das Kind ab dem zweiten Lebensjahr eine wichtige gegengeschlechtliche Rolle zur Mutter einnimmt und dem Kind bei der Möglichkeit einer altersgemäßen Ablösung zur Mutter hilft. Es gilt auch zu bedenken, dass Kinder, die ohne Vater aufwachsen auch außerhalb der Familie in einer frauendominierten Welt leben. Denn auch im Kindergarten und in den Schulen dominieren weibliche Bezugspersonen. Am 13. 10. 2010 wurde im deutschen Privat – Sender RTL berichtet, dass in einer deutschen Schule der (männliche) Hausmeister ein wichtiger Ansprechpartner für die Kinder ist, weil viele Kinder sonst kaum noch Kontakt zu Männern haben.
5.3 Die Folge von Vaterlosigkeit

Heute belegen Studien über Scheidungskinder eindeutig, dass sich Kinder besser entwickeln, die nach der Scheidung Kontakt zu beiden Eltern haben. In Amerika lebten vor 7 Jahren 51% der Kinder nach Scheidungen bei einem Elternteil, meist bei den Müttern. Dabei wurde beobachtet, dass die Anzahl der Schulabbrecher, der Studienabbrecher, die Anzahl drogenabhängigen Kinder unter den vaterlosen Kindern überproportional hoch war: fast 60% der Schulabbrecher, 60% aller Vergewaltiger, 75% der jugendlichen Mörder und ein ähnlich hoher Prozentsatz der jugendlichen Häftlinge sind vaterlos aufgewachsen. In der amerikanischen Sozialarbeit gehört die moderne Vaterlosigkeit längst zu einem gesellschaftlichen Problem, dem besondere Aufmerksamkeit zu Teil wird.
Die Mannheimer Kohortenstudie über einen Zeitraum von 11 Jahren (Schepank, 1987, 1990; Franz et.al, 1994, 1998) zum statistischen Merkmal „Vaterabwesenheit“ (n = 600) ergibt, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen Vaterabwesenheit in der prägungsintensiven Zeit des Kindes und psychischer Beeinträchtigung im Erwachsenenalter besteht. Untersucht wurde die Kriegsgeneration, die vielfach ohne Vater aufgewachsen ist.
Dabei ist aber anzumerken, dass diese Väter den Kindern sehr positiv dargestellt wurden, während den Trennungskindern das Vaterbild oft sehr negativ einsuggeriert wird.

Anneke Napp-Peters hat 1995 in Deutschland herausgefunden, dass nach Trennungen nur jedes dritte Kind zu Hause offen über den anderen Elternteil reden darf. Bei den anderen wurde der Wunsch nach dem Kontakt zur „richtigen Mutter oder zum richtigen Vater“ als kränkend und unloyal gegenüber dem erziehenden Elternteil empfunden. In der Regel übernahmen diese Kinder die negative Einstellung der Mutter oder der des Vaters, bei dem sie aufwuchsen.
Eine schwedische Studie aus den 90er Jahren, in der über 100.000 Trennungsfamilien untersucht wurden, kam zum Schluss: „Trennungskinder sind weit häufiger psychisch krank, depressiv, drogen- oder alkoholabhängig“ (in Hövel; 2003 S. 57ff)
5.4. EntfremderInnen brauchen Grenzen

Wer davon überzeugt ist, dass Kinder ein Teil der Scheidungsmasse sind, die man sich einverleiben kann, wer davon überzeugt ist, im Recht zu sein, wenn er sein Kind (als Besitz) behalten darf oder wer glaubt die Gewährung des Besuchsrechtes wäre ein „Gnadenakt“, der braucht frühzeitig Grenzen, wenn nötig mit Strafandrohung. Entfremder/Innen glauben sich im Recht, sie sehen sich selber vielfach als Opfer. Das oftmals vom Jugendamt und Psychologen zitierte „Ruhe einkehren lassen“ lässt der Entfremdung freien Lauf. Die Zeit arbeitet gegen diejenigen, die Ruhe geben. Jeder Tag, ohne Kontakt zum Kind, festigt das Feindbild, das der entfremdende Elternteil gegen den abwesenden Elternteil aufbaut (siehe Hövel 2003, S. 30ff). ... und die Zeit arbeitet gegen die Kinder! Deshalb muss bei Verdacht einer Entfremdung eine zeitnahe Verhandlung angesetzt werden, um den Entfremdungsprozess abzubrechen. Trennungskinder koalieren mit dem Elternteil bei dem sie leben, wenn sie spüren, dass sie nur dann geliebt werden, wenn sie den abwesenden Elternteil genauso „doof“ finden, wie der Elternteil bei dem sie leben. Je mehr Zeit der entfremdende Elternteil hat bis verhandelt wird, umso schwieriger wird es, den Entfremdungsprozess zu stoppen oder gar wieder umzukehren.
Rasches Handeln statt unterstützen ist die Maxime der Stunde. Kinder gehören keinem der Eltern und sie dürfen deshalb niemals zu einem verlängerten Arm selbstbestimmter Mütter oder Väter werden.

Der deutsche Kinder- und Jugendpsychiater Horst Petri ermahnt seine ärztlichen KollegIinnen „ Ein Alarmsignal sollte bei jedem Arzt jedoch dann aufleuchten, wenn die Mutter um eine Bescheinigung bittet, die die Aussetzung der Besuchsregelung mit dem Vater, wegen der Schwierigkeiten des Kindes, zum Ziel hat“. (....) „Daher sollte sich jeder Arzt zum Prinzip machen, was seit einiger Zeit im Familienrecht und im neuen Kindschaftsrecht als Regel gilt: Jedes Kind hat das Recht auf beide Eltern.“ (...) „Daher ist es wichtig, dass der Arzt als oft erster Ansprechpartner und Autorität das Tabu aufbricht und bei Scheidungs- und Trennungsfamilien stärker seinen Aufmerksamkeitsfokus auf einen möglichen Vaterverlust richtet“.
6. Vater / Mutter als Besucher des eigenen Kindes

Nachdem in der Österreichischen Rechtsprechung „ das Heim erster Ordnung“ fest zu legen ist, wird automatisch ein Elternteil zum „Betreuenden“ und der andere Elternteil zum „Besucher“ seiner Kinder. Das Heim erster Ordnung legt fest, wo sich das Kind hauptsächlich aufzuhalten hat. Diese Festlegung geht zurück auf die Bindungstheorie von Bolby aus den 50er Jahren.
Von der Begrifflichkeit ist das Heim erster Ordnung zu unterscheiden von der Betrauung der elterlichen Sorge (Obsorge). Diese umfasst die Pflege und Erziehung, Verwaltung des Vermögens und die gesetzliche Vertretung eines minderjährigen Kindes. Bei strittigen Scheidungen hat nach der derzeitigen Rechtslage das Pflegschaftgericht über die Übertragung der alleinigen Obsorge auf einen Elternteil zu entscheiden.
Nachdem ausverhandelt ist, wo das Kind zu leben hat und wer die Obsorge ausüben darf, bleibt dem anderen Elternteil ein so genanntes Umgangsrecht. Der Gesetzgeber sieht vor, dass sich das Umgangsrecht am Kindeswohl zu orientieren hat. Das Kindeswohl kommt meist dann ins Spiel, wenn eine Begründung für die Benachteiligung eines Elternteils gesucht werden muss. Allerdings gibt es keine Definition, was Kindeswohl beinhalten soll. Das Kindeswohl unterliegt somit gerade dem Empfinden dessen, der das Wort gebraucht. Leider geht es aber meist an dem vorbei, was Kinder wirklich brauchen: Sie brauchen Eltern, die zwar ihre Partnerschaft beendet haben, die aber weiter Eltern bleiben (können). Das Prinzip des Besuchsrechtes kann deshalb niemals dem Wunsch und dem Bedürfnis eines Kindes entsprechen (siehe 5.1).
Welches Kind wünscht sich schon den Vater oder die Mutter nur mehr als 14-tägigen Besucher? Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Männer ähnlich entfremden wie es Mütter machen, wenn sie in der Situation der alleinigen Obsorge sind. Warum aber auch in meiner Zusammenstellung von Ergebnissen zum Thema PAS hauptsächlich auf die Situation entfremdeter Väter hingewiesen wurde, liegt an der Tatsache, dass in über 90% Frauen der entfremdende Elternteil sind und nur in unter 10% sind es Väter, die den Müttern die Kinder vorenthalten und auch entfremden.
7. Auswege aus dem Dilemma

Obwohl PAS bereits seit vielen Jahren in anderen Ländern ein Thema ist, wurde und wird es bei uns in Österreich, wie bereits erwähnt, immer noch wenig beachtet. Um einer Entfremdung vorzubeugen, ist es notwendig Modelle zu entwickeln und zu erarbeiten, die beide Eltern in einer gleichberechtigten und gleichwertigen Elternrolle belassen. Es ist nicht mehr zeitgemäß, einem Elternteil die alleinige Obsorge zu übertragen und den anderen Elternteil, zum Besucher seiner Kinder zu degradieren. Es ist unbedingt notwendig, dass die Kontakte zwischen Kinder und besuchendem Elternteil nicht zu weit auseinander liegen. Zu große Zeitabstände beeinträchtigen die Entwicklung auf Aufrechterhaltung einer vertrauensvollen Beziehung (Fischer 1997). Je jünger die Kinder, umso mehr Besuche sind notwendig. Idealerweise (siehe Leitner S. 36ff) sollten beide Elternteile die Möglichkeit haben eine längere Zeitspanne mit ihrem Kind zu verbringen. Für die Aufrechterhaltung des Kontaktes spielt es deshalb auch eine große Rolle, dass die Kinder von Anfang an beim Vater übernachten können. Studien zeigen, dass die Kinder, die von Anfang an beim Vater übernachten dürfen, diese Übernachtung auch in Zukunft beibehalten.
7.1. Das Cochemer Modell

Das Cochemer Modell, auch Cochemer Praxis genannt, wurde 1992 in Cochem an der Mosel von Mitgliedern der am Scheidungsprozess vertretenen Professionen ins Leben gerufen: Jugendamt, Lebensberatungsstelle, FamilienrichtInnen, Anwälte/Anwältinnen, GutachterInnen. Dieses Modell ist dynamisch und arbeitet interdisziplinär. Den Anstoß zu diesem Modell gab der Familienrichter Dr. Jürgen Rudolf, nachdem er in einem prominenten Scheidungsfall feststellte, dass die Kinder wie ein Teil der Scheidungsmasse aufgeteilt wurden und jede der beteiligten Institutionen spielte die Verantwortung für diese unglückliche Entscheidung der anderen zu: Richter beriefen sich auf die GutachterInnen, die GutachterInnen wiederum auf die Entscheidung des Gerichtes, diese wiederum auf die Jugendwohlfahrt. Die Bedürfnisse der Kinder wurden dabei völlig außer Acht gelassen.
Nach dieser Erfahrung begann Dr. Rudolph an einem Modell zu arbeiten, das vor allem den Bedürfnissen der Kinder gerecht wird. Dies Cochemer Praxis hat zum Ziel, alle Institutionen und Personen, die bei Trennung und Scheidung von Eltern beteiligt sind, miteinander ins Gespräch zu bringen, besonders jedoch die streitenden Eltern. Wichtig ist dabei, dass es zu einer gemeinsamen und einer für alle akzeptablen Lösung kommt, bei der das Kind und seine Perspektiven im Mittelpunkt stehen. Um den kindlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, ist eine zeitnahe Terminisierung (innerhalb von 14 Tagen), eine kompetente und lösungsorientierte Beratung durch Institutionen und Sachverständigenarbeit notwendig.
Richter entscheiden fallspezifisch welche Beratungsinstitutionen von den Eltern aufgesucht werden müssen. Für ihre Entscheidung können RichterInnen forensische Sachverständige anfordern. Elternteilen, die ihre konstruktive Mitarbeit verweigern, wird erklärt, dass sie durch Ablehnung einer Beratungsbegleitung nicht am Wohl des Kindes interessiert sind und dass dieses Desinteresse sich auf jeden Fall negativ bei der Entscheidung der elterlichen Sorge auswirken wird. Es wird auf diese Art und Weise im Sinne der Kinder Druck auf unkooperative Eltern ausgeübt. Die Praxis hat gezeigt, dass Appelle alleine zu wenig sind. Ohne Druck auf die streitenden Eltern, sind die Kinder die Leidtragenden.
Alle an diesem Modell beteiligten Institutionen verpflichten sich, die Eltern innerhalb von 2 Wochen als Klienten zu übernehmen und sofort mit einer lösungsorientierten Arbeit zu beginnen. Alle beteiligten Einrichtungen werden gleichwertig betrachtet, obwohl sie unterschiedliche Kompetenzen aufweisen.
Das Cochemer Modell ist seit 20 Jahren sehr erfolgreich, und zeigt wie es möglich ist, den Kindern beide Eltern zu erhalten.


7.2. Gemeinsame Obsorge und gleichberechtigte Elternschaft

Unter dem Begriff der Obsorge wird die Rechtsvertretung des Kindes gesehen. Der obsorgeberechtigte Elternteil entscheidet über alle wichtigen Belange des minderjährigen Kindes. Z. Bsp. welche Schule das Kind besucht, entscheidet über Krankenbehandlung, entscheidet wie das Geld verwaltet wird, ebenso bestimmt er über den Aufenthaltsort der Kinder. In dieser alleinigen Entscheidungsgewalt eines Elternteils liegt bereits ein hohes Konfliktpotential.
Ein praktisches Beispiel soll das belegen: Ein Trennungsvater wird an seinem Besuchstag auf der Straße mit seiner Tochter fotografiert. Er stimmt der Veröffentlichung des Fotos zu, ohne vorher die obsorgeberechtigte Mutter gefragt zu haben. Durfte er vor der Trennung diese Entscheidung problemlos treffen, bekam er nach der Trennung und der Übertragung der alleinigen Obsorge an die Kindesmutter sofort ein Schreiben einer Rechtsanwältin der Kindesmutter. Ein über Monate dauernder Konflikt ward geboren. Hätte der Kindesvater die gemeinsame Obsorge innegehabt (wie vor der Zeit der Trennung), hätte die Veröffentlichung eines unscharfe Kinderfotos nicht derartige Wellen schlagen können, an denen zwei Anwälte gut verdient haben. Dieses eine Beispiel steht für viele andere, aber ähnlich gelagerte Situationen, die eskaliert sind, weil ein Elternteil die alleinige Obsorge hatte.
Es folgt eine Anträgeflut bei Gericht und Verhandlung reiht sich an Verhandlungen. Die Dialogbereitschaft der Eltern untereinander wird immer weniger oder bricht gänzlich ab. Der Cochemer Richter Dr. Rudolf bezeichnete die Situation der Österreichischen alleinigen Obsorge als „furchtbare Situation“, bei dem das Kindeswohl aus den Augen verloren wird. Für ihn hört es sich an, als würde der mit der alleinigen Obsorge betraute Elternteil, das Kind in Besitz nehmen.
Gewinner in solchen Fällen sind Anwältinnen und Anwälte, während die Eltern und die Kinder die Verlierer dieser menschenunwürdigen Gesetze sind. Das derzeitige Familienrecht führt bereits zu einer Beurteilung, welcher Elternteil für das Kind der bessere ist und gesellschaftspolitisch gesehen, ist es fast immer die Mutter. Führt bereits das Familienrecht oder zumindest dessen Rechtsauslegung zu einer Bahnung in Richtung PAS, weil es in „Gut, ist gleich Mutter, in weniger gut ist gleich Vater“ oder gar in ungeeignet ist gleich rechtlich erzwungener väterlicher Kontaktabbruch“, einteilt?
7.3. Doppelresidenz

Doppelresidenz bedeutet, dass Kinder sowohl beim Vater als auch bei der Mutter wohnen. Es ist somit der krasse Gegensatz zum „Heim erster Ordnung“. Die derzeitige Österreichische Gesetzeslage schließt eine Doppelresidenz nahezu aus. Durch die Festlegung des Heims „der ersten Ordnung“ wird automatisch eine „Rangreihe“ der Elternschaft vergeben, meist die der Mutter an erster Stelle.
Wie die langjährige Österreichische Praxis zeigt, sind mit dieser Festlegung einer bewusst oder unbewusst betriebenen Entfremdung zwischen Kindern und dem nicht im kindlichen Haushalt lebenden Elternteil, „Tür und Tor“ geöffnet. Kinder verlieren die Bindung an den außerhalb dieser Wohnung lebenden Elternteil, der Umgang mit diesem wird zu einem seltenen Besuch, das gemeinsame Erleben von Alltag und Freizeit wird dabei ausgegrenzt. Der zweite Elternteil wird (wie es manche Väter verzweifelt ausdrücken) zum „Eventmanager am Wochenende“ und somit wird dieser aus der Erziehungsverantwortung ausgegrenzt.
Die Doppelresidenz wird meist bei den „Tagesmüttern“ gelebt. Die Begründung, dass die Doppelresidenz für Kinder zu verwirrend wäre, ist eigentlich seit der mütterlichen Berufstätigkeit widerlegt. Haben nicht viele (auch kleine) Kinder zwei Wohnsitze? Sie stehen morgens bei ihrer Mutter auf, verbringen den Tag bei der Tagesmutter in einer fremden Wohnung und werden abends wieder abgeholt. Geht es nach dem Österreichischen Familienrecht, ist es dem Kindeswohl zuträglicher, wenn Kinder fremden Menschen aufwachsen, als beim eigenen Vater. Statistisch gesehen verbringen viele Trennungskinder mehr Zeit bei fremden Menschen als beim leiblichen Vater.
8. Fallbeispiele

8.1. Beispiele aus dem Gerichtssaal
Die Kinder M. und B.
„Der Antrag auf Gewährung des Umgangsrechtes ist abzulehnen“. Die Begründung könnte fast von Gardner´s Beschreibung übernommen worden sein: „die Mutter erklärte bei der Einvernahme am (...,) dass sie die Kinder selbst entscheiden lassen wolle, diese aber nicht bereits seien, Kontakt mit dem Vater aufzunehmen. Dieser überhäufe die Kinder seit der letzten Besuchsrechtsabweisung mit Post, was die Kinder ablehnen würden, insbesondere Post von der jetzigen Ehegattin des Vaters. Die Kinder würden psychologische Beratung in Anspruch nehmen, um mit der Situation zu Recht zu kommen“(…). „Bei der 2. Einvernahme beantragte die Mutter, nachdem ihr die Angaben der Kinder zur Kenntnis gebracht wurden, den Antrag des Vaters auf Festsetzung einer Besuchsregelung abzuweisen, da die Kinder selbst den Kontakt zum Vater ablehnen“. „M. und B. erklärten bei ihrer Einvernahme selbst am .... keinen Kontakt zum Vater haben zu wollen(....)“ M. ist überzeugt, dass die Mutter, sich nicht gegen die Besuche beim Vater stellt, aber er will nicht... . Er hat bisher für sein Leben schon Entscheidungen treffen können, wie z. B. dass er dieses konkrete Gymnasium machen wollte und jetzt will er auch keine Besuche zum Vater.“
„Zum Besuchsantrag des Vaters meinte er, aufgrund des in der Vergangenheit Vorgefallenen wollte er ebenfalls nach wie vor keinen Kontakt zum Papa und nennt insbesondere seine Verletzungen durch die Bezeichnungen, die der Vater ihm gegeben hat“.
M. „Wir sind auch zum Papa bisher am Wochenende gekommen, damit wir gemeinsam etwas unternehmen, aber der Papa ist nur vor dem Computer gesessen. Deshalb wollen wir nicht mehr hin.“
B.: „Außerdem war ja Papa in einer geschlossenen Anstalt. Da waren wir nicht mehr dort, aber der Polizist hat es gesagt. Wir haben Angst vor ihm“

Antworten Zuletzt bearbeitet am 24.09.2011 11:54.

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