Aufgrund fortgesetzter Besuchsrecht-Vereitelung wird der Mutter das Sorgerecht entzogen

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Heinz
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Aufgrund fortgesetzter Besuchsrecht-Vereitelung wird der Mutter das Sorgerecht entzogen

von Heinz am 14.03.2009 13:59

AG Würzburg vom 3.9.1997 - VII 11985/95
http://www.vafk.de/urteile/sorgerecht/ag%20wuerzburg%20VII%2011985_95.htm - http://www.andrip.de/kind/urteile/7903unsp.rtf

Aufgrund fortgesetzter Besuchsrecht-Vereitelung wird der Mutter das Sorgerecht entzogen und der nichteheliche Vater als Vormund bestimmt, obwohl die Tochter den Kontakt zum Vater angeblich ablehnt.

Zusammenfassung, relevante Aspekte:

In der Folgezeit konnte der Vater sein Umgangsrecht lediglich einmal wahrnehmen. Weitere Bemühungen, auch unter Vermittlung des Gerichtes, des Stadtjugendamtes und des Kinderschutzbundes scheiterten an der Weigerung der Mutter, Besuche des Vaters zuzulassen. Ein Besuchsversuch wurde von der von der Mutter herangezogenen Begleitperson des Kinderschutzbundes abgebrochen, da die Mutter sich nicht an die Absprache über die Durchführung des Besuches gehalten hat, das Kind dadurch in einen Entscheidungskonflikt brachte, unter dem es nach Ansicht der Helferin des Kinderschutzbundes so ersichtlich litt, daß das seelische Wohl des Kindes massiv gefährdet wurde.

Die Mutter brachte vor, das Kind habe nach dem Besuch im Juli 1996 unter massiven Verhaltensstörungen gelitten. M. wolle keinen Kontakt zum Vater, sie habe Angst vor ihm, weine, nässe ein und schlage mit dem Kopf gegen die Wand, wenn schon sein Name genannt werde. Der Vater beharre auf seinem Besuchsrecht nur, um sie, die Mutter, zu beherrschen; das Kind brauche aber Ruhe und keinen Kontakt mit dem Vater.

Um die von der Mutter vorgetragenen seelischen Beeinträchtigungen unter Beweis zu stellen, hatte der Richter eine Begutachtung des Kindes durch den Sachverständigen angeordnet. Die Mutter hat sich aber geweigert, die hierfür erforderlichen Untersuchungen vornehmen zu lassen.

In seinem Fachgutachten kommt dieser Sachverständige zu folgenden Feststellungen: Die Emotionen und Affekte der Mutter sind von stärkster Feindseligkeit und Aggression gegen den ehemaligen Partner und Kindsvater geprägt. Sie ist diesbezüglich zu keiner rationalen Überlegung fähig. Sie ist nicht in der Lage, über ihre eigene Verletztheit das Wohl des Kindes zu erkennen. Infolge einer teils ihrem Willen entzogenen neurotischen Fehlhaltung, teils sehr bewußtseinsnahen Verhaltensweise gefährdet sie das geistige und seelische Wohl des Kindes durch mißbräuchliche Ausübung des Sorgerechtes.

Aufgrund dieser Feststellungen war der Entzug des Sorgerechtes erforderlich, da die Mutter durch dessen mißbräuchliche Ausübung das Wohl des Kindes beeinträchtigt. (§§ 1666 I 1; 1705 BGB).

Ein Ausschluß wäre auch nur für einen gewissen Zeitraum - aber nicht auf Dauer - möglich. Der bestehende Konflikt würde also durch einen Ausschluß nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben werden. Aufgrund der in dem Gutachten festgestellten neurotischen Einstellung der Mutter muß aber davon ausgegangen werden, daß diese auch zu einem späteren Zeitpunkt keine andere Einstellung gegenüber dem Vater von M. haben wird. Es ist daher damit zu rechnen, daß dann genau die gleichen Konflikte wie in der Vergangenheit vor den Augen und Ohren des Kindes ausgetragen würden.

Der Gutachter führte aus, daß eine stabile Vaterfigur für die Entwicklung von M. von großer Bedeutung ist. Eine mehrmonatige oder mehrjährige Trennung des Kindes von seinem Vater bedeute die Verhinderung von wichtigen Entwicklungsschritten, die in den ersten Lebensjahren des Kindes vollzogen werden. Diese Feststellungen hält der Richter weiterhin in vollem Umfang für zutreffend.

Alle Appelle an die Mutter, dem Vater den Kontakt zu seinem Kind zu ermöglichen, haben in der Vergangenheit keinen Erfolg gehabt. Aufgrund des Umstandes, daß ihr Verhalten - zum Teil jedenfalls - auf einer neurotischen Fehlhaltung, also einem Krankheitszustand, beruht, ist für die Zukunft auch kein Erfolg von bloßen Ratschlägen zu erwarten. Ferner ist auch kein Erfolg durch Androhung und Verhängung von Zwangsmitteln zu erwarten. Weder der Hinweis im Beschluß vom 27.3.1996, die Mutter müsse bei einem weiteren Boykott des Umgangsrechtes mit Eingriffen in ihr Sorgerecht rechnen, noch die Anberaumung des Termines vom 30.4.1997 ("zur Erforderlichkeit von Eingriffen in das Sorgerecht") , also die Androhung der jetzt erfolgten Entscheidung, haben die Mutter beeindruckt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist nunmehr auch klar, daß eine derartige Einflußnahme nicht möglich ist, da die Mutter einer rationalen Überlegung nicht fähig ist.

Der Richter ist sich bewußt, daß die Mutter die allgemeinen Sorgeleistungen für M. in der Vergangenheit fürsorglich erbracht hat und daß sie ihr Kind sehr liebt. Dies allein reicht aber nicht für die Entwicklung des Kindes aus. Zur Förderung des seelischen Wohles gehört auch die Förderung der Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil. Weil die Mutter hierzu nicht in der Lage ist, mußte die vorliegende Entscheidung ergehen. Der Richter ist sich ferner bewußt, daß seine Entscheidung gravierend in das Elternrecht der Mutter eingreift. Dies mußte aber letztlich die Konsequenz für deren Verhalten sein, wider jeglicher guter Ratschläge das Besuchsrecht des Vaters massiv zu boykottieren. Die Entscheidung bedeutet aber auch einen gravierenden Eingriff in die Lebenssituation des Kindes. M. wuchs bisher - von der einjährigen gemeinsamen Partnerschaft der Eltern abgesehen - ausschließlich bei der Mutter auf. Diese stellte für sie die Hauptbezugsperson dar. Dem Richter ist es klar, daß die Veränderung der Lebenssituation für M. mit großen Umstellungsschwierigkeiten einhergehen wird. Sie wird sicherlich Trennungsschmerzen verspüren.

Dennoch erschien ihm die getroffene Entscheidung erforderlich. Ein schmerzhafter aber einmaliger Eingriff ist immer noch besser als ständig wiederkehrende Belastungen, die gleichermaßen mit Schmerz verbunden sind. Zudem ist das Wohl eines Kindes nicht nur aus einer subjektiv-momentanen Sicht, sondern in einer objektiv-normativen Zukunftsperspektive zu bestimmen (Vgl. Hinz in: Münchner Kommentar, BGB, 3. Aufl., Rz 42 zu § 1634). Dies heißt, daß ein momentan schmerzhafter und vom Kind auch nicht gewollter Eingriff in das Kindeswohl dann gerechtfertigt ist, wenn sich als Konsequenz eine deutliche Verbesserung für das Wohl des Kindes erkennen läßt.

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